
11.01.2023 11:46
Forschungsergebnisse, wissenschaftliche Veröffentlichungen
Polyethylen hat viele vorteilhafte Eigenschaften – die biologische Abbaubarkeit gehört nicht dazu. Ein Forschungsteam hat nun einen Kunststoff entwickelt, der biologisch abbaubar ist und gleichzeitig die thermoplastischen Eigenschaften von Polyethylen hoher Dichte behält. Wie die Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie schreiben, handelt es sich bei dem Material um einen teilkristallinen Polyester, der durch milde chemische oder biologische Prozesse vollständig in seine Ausgangsstoffe zerlegt werden kann.
Polyethylen hoher Dichte (HDPE) ist ein besonders stabiles und langlebiges Material. Seine Eigenschaften als Thermoplast beruhen vor allem auf der inneren Struktur der Molekülketten, die hochkristallin angeordnet sind. Allerdings gibt es kein biologisch abbaubares HDPE, da Polyethylen als reiner Kohlenwasserstoff keine funktionellen Gruppen in den Molekülketten besitzt, die von abbauenden Enzymen angegriffen werden können.
In der Arbeitsgruppe von Stefan Mecking von der Universität Konstanz haben die Forscher nun ein Polyestermaterial entwickelt, das eine ähnliche Kristallinität wie HDPE und damit die gleichen mechanischen Eigenschaften aufweist. Im Gegensatz zu Polyethylen können Polyestermaterialien jedoch chemisch oder enzymatisch an ihren funktionellen Gruppen abgebaut werden, was sie biologisch abbaubar machen würde – obwohl die Kristallinität dem entgegenwirkt.
Das Team war daher überrascht, wie schnell der neue teilkristalline Polyester im Enzymbad abgebaut wurde. „Wir testen den Abbau mit natürlich vorkommenden Enzymen. Im Vergleich zu unserem Referenzmaterial war das eine Größenordnung schneller“, berichtet Mecking. Nicht nur Enzymlösungen bauen das Material ab. Auch Mikroorganismen im Boden kompostierten das Polyester vollständig.
Warum ist dieser zähe Polyester so ungewöhnlich abbaubar? Als Hauptverursacher identifizierte das Team einen seiner Grundstoffe, der für die Polymerisation benötigt wird: Ethylenglykol. „Dieser Baustein ist bei Polyester eigentlich durchaus üblich“, sagt Mecking. “Es gibt Ihnen den hohen Schmelzpunkt, aber es erhöht auch die Abbaubarkeit dieser Polyethylenmaterialien.”
Aufgrund seiner guten chemischen und biologischen Abbaubarkeit, kombiniert mit den mechanischen Eigenschaften, bietet sich der neue Polyester als thermoplastischer Kunststoff an, der recycelbar ist und nicht lange in der Umwelt verbleibt. Ziel sei ein geschlossener Kreislauf durch chemisches Recycling, erklärt Mecking. Wenn jedoch in diesem Kreislauf etwas in die Umwelt gelangt, in dem der Kunststoff in seine Rohstoffe zerlegt wird, um neues hochwertiges Material zu produzieren, dann wird sich dieser Kunststoff schließlich vollständig von selbst zersetzen und aus der Umwelt verschwinden.
Angewandte Chemie: Pressemitteilung 33/2022
Autor: Stefan Mecking, Universität Konstanz (Deutschland)
https://www.chemie.uni-konstanz.de/mecking
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Deutschland
“Angewandte Chemie” ist eine Publikation der GDCh.
Ursprüngliche Veröffentlichung:
https://doi.org/10.1002/ange.202213438
Mehr Info:
http://presse.angewandte.de